Kollateralschaden

„Erik?“
Als sie meinen Namen aussprach, durchzuckte mich für den Bruchteil einer Sekunde der irrwitzige Drang, einen heftigen Satz nach vorne zu machen und davonzurennen. Ich starrte auf die dicht an dicht gedrängten Körper der Feierabendpendler, die mir den Weg durch die Bahnhofshalle versperrten, und versuchte, meine plötzlich aufwallende Panik zu unterdrücken.
Ihre Stimme war tief und melodiös, sehr angenehm. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie diese absurde Reaktion in mir auslöste, und doch wusste ich, dass es so war. Ich hatte wohl schon in diesem Augenblick eine sehr deutliche Ahnung davon, wie schmal der Grat geworden war, auf dem ich wandelte – und wie tief der Abgrund rings um mich herum. Es war das genussvolle, laszive Timbre ihrer Stimme, das mich schließlich endgültig zu Fall brachte.
„Ja?“ Ich drehte mich um, bemüht, meine überreizte Anspannung zu verbergen.
Sie war nicht das, was ihre erotische Stimme meiner Fantasie vorgegaukelt hatte: Knapp einen Meter siebzig groß mit einer runden, für meinen Geschmack etwas zu ausladenden Figur, und braunen Haaren, die ihr glatt und unspektakulär bis in den halben Rücken fielen. Sie war nicht mein Typ, aber sie wirkte sehr gepflegt, und ihre dunkelbraunen, klaren Augen blickten mich offen und selbstbewusst an. Sie trug ein kurzes, strahlendblaues Sommerkleid und Pumps mit hohen Absätzen in eben dieser Farbe. Mein Blick blieb an ihrem üppigen Busen hängen, den das Kleid nur teilweise bedeckte.
„Oh –.“ Sie strich sich hastig eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Entschuldigung, ich dachte, Sie wären jemand anderes.“
„Aber ich bin Erik. – Mein Name ist Erik.“
„Wirklich?“
Ihrem Tonfall war deutlich anzumerken, dass sie meine Worte für eine selten dumme Anmache hielt. Ich wollte mich verteidigen.